Im Herbst 2007 verhalf der ZDF-Dreiteiler "Rap, Koran und Oma Bonke" der Dortmunder Nordstadt zu einer gewissen Prominenz. Fünf Reporter hatten sich für ein halbes Jahr dort niedergelassen, um ein Nordstadt-Portrait zu erstellen. Hauptfokus lag auf der Integration, ist doch in Dortmund-Nord mehr als jeder Zweite aus einer "Familie mit Migrationshintergrund".
Das Ergebnis ist ein Film über "ein Ghetto". So empfinden es zumindest viele der Betroffenen. Wie aber würde ein Film von den Bewohnern selbst aussehen? Wie sehen sich Jugendliche an einer Schule, die mittendrin liegt?
Die Anne-Frank-Gesamtschule an der Burgholzstraße ist eine solche Schule. Der Anteil ausländischer Schüler liegt bei 80%. Wie für diese Jugendlichen "ihre Nordstadt" aussieht? Die Meinungen sind geteilt.
"Man kann hier Schulen filmen, wo die ganzen Kinder ihr Essen bekommen!" "Es gibt Moscheen, in denen die Kinder in den Ferien spielen und basteln können. Dann wissen die Eltern, dass die nicht auf der Straße sind und Drogen nehmen. Und es gibt auch viele türkische Fußballvereine." "Es gibt viele Hausaufgabenhilfen und Freizeitstätten." "Die Jugendlichen nehmen zu viele Drogen", "In der Nordstadt gibt es viele Boxereien" "Es gibt zu viele Mädchen zwischen zehn und fünfzehn Jahren, die zu schnell schwanger werden." Außerdem hat eine türkische Lehrerin seit einigen Jahren Interviews mit Schülern über ihre Zukunftsperspektiven geführt. Auch diese Sichtweisen sind Teil der Nordstadt.
Alles zusammengenommen gibt es also genug Stoff an der Anne-Frank- Gesamtschule, um ein eigenes Filmprojekt zu starten.
In diesem (Dokumentarfilm) -Projekt sollen die Schüler zunächst die technischen und gestalterischen Möglichkeiten der Kameraarbeit und des Filmschnitts sowie Interviewtechniken erlernen. Im nächsten Schrift analysieren sie die verschiedenen Stilmittel der Reportage, der Dokusoap, des Features oder halbdokumentarischer Formate, wie z.B. des Dokudramas. Anschließend erarbeiten sie das Drehbuch zu ihrem Film, legen Drehorte, Protagonisten und Handlungsstränge fest, und machen Probeaufnahmen mit ihren Handys. (Diese Aufnahmetechnik steht den meisten Schülern, nach ihren eigenen Angaben, zur Verfügung).
Ziel des Projekts ist ein Film aus der Perspektive der Schüler. Dabei sollen sie sowohl ihre Lebensrealität aus einem anderen Blickwinkel sehen als auch darstellen und sich der subjektiven Sichtweise des dokumentarischen Arbeitens bewusst werden. Zudem können auch dokumentarischen Mischformen erprobt werden. So könnten die Schüler z.B. einen Gang durch die Nordstadt als Musikvideo inszenieren, um das Dokumentarfilmgenre auch für Jugendliche attraktiv zu gestalten.
Die dabei erlangte Medienkompetenz ermöglicht ihnen zudem, die Arbeitsweisen von Film und Fernsehen zu durchschauen.