Das Ziel des Projektes besteht nicht nur darin, ein für Akteure und Zuschauer gleichermaßen unterhaltsames Stück herauszubringen, sondern auch den SchülerInnen diese künstlerisch ungemein kreative Phase der Jahre rund um die Uraufführung musikalisch näher zu bringen. Zudem soll mit den Analysen des tagespolitischen Schriftstellers Ossietzky die damalige Situation der gesellschaftspolitisch motivierten Kunst in dieser Zeit näher beleuchtet werden.
Die sogenannte Schauspieler-Oper (Musik vom Kurt Weill) wurde 1928 in Berlin uraufgeführt und gehört zu den erfolgreichsten Stücken des links gerichteten Dramatikers und Entwicklers des sogenannten Epischen Theaters. Mit dieser Theaterform im Allgemeinen und der Dreigroschenoper im Speziellen zielte Brecht auf die Entlarvung einer für ihn “verlogenen Bourgeoisie”. Das Stück erzählt, nach einer englischen Vorlage, die Geschichte des Ganoven Mackie Messer, der verwoben in Politik und Korruption, zum Bauernopfer gemacht werden soll, bis er zuletzt in einer satirischen Apotheose begnadigt wird.

Brecht, der politische Theaterautor, und Carl von Ossietzky, der bürgerlich-linke, tagespolitische Redakteur der Weltbühne, lebten und arbeiteten beide über 20 Jahre im Berlin der Weimarer Republik und hätten in kultureller und ästhetischer Hinsicht Ideenverwandte sein können. So findet zum Beispiel Ossietzkys Kritik an einer starren, deutschen, großbürgerlichen Hochkultur (“Richard Wagner ist ein Opiat zur Vernebelung des Geistes.”) bei Brecht seine Entsprechung (“Glotzt nicht so romantisch!”). Tatsächlich jedoch stand Ossietzky dem etwas jüngeren Brecht sehr kritisch gegenüber, wie ein Zitat aus der Weltbühne veranschaulicht, in dem jener ein “begabten doch höchst verlogener und verschminkter Dichter” genannt wird.

Dieser scheinbare Widerspruch lässt sich anhand der “Dreigroschenoper” wunderbar auflösen. Vom Autor zur Entlarvung einer “verlogenen Bourgeoisie” gedacht, zielte das Stück doch eher auf die Geldbeutel dieser “Bourgeoisie”, denn die Oper wurde zu einer der erfolgreichsten Theaterproduktion der Weimarer Republik. Die Zuschauer liebten das Spiel der austauschbaren Werte und Moralempfindungen und hatten Spaß am verruchten Milieu der Huren und Bettler.

Ist also die “Dreigroschenoper” nur ein “kulinarisches und pralles Stück Musiktheater” oder doch noch “kritisch und gesellschaftspolitisch aktiv”? Wenn ja, wie sollte eine heutige Ästhetik (Bühne und Kostüme) aussehen und wie könnte darüber hinaus die Darstellungsform des Epischen Theaters erweitert, verändert oder angepasst werden?
Diese Fragen sollen im Projekt mit den Oberstufenschülerin untersucht, beantwortet und in die Inszenierung einfließen. Darüber hinaus wird die Oper als ein “aufwändiges Stück Musiktheater” zu einer der ersten Bewährungsprobe für die neue, in diesem Jahr einzuweihende Aula des “Carl-von-Ossietzky-Gymnasiums Bonn”.