Die Antike spricht vom genius loci, dem "Geist eines Ortes" als Schutzgeist. Heutige Architekten meinen damit die besondere Atmosphäre eines Ortes, seine Aura oder den Geist eines Bauwerks. Zu spüren sind die Größe, Lage und Materialität von Orten und Räumen, ihre Umgebung und Einbettung; die Menschen empfinden die Gestaltung und Beschaffenheit einer Landschaft, ihrer Bauwerke und Infrastruktur. Räume beeinflussen unser Lebensgefühl wie unsere sozialen, ökonomischen und persönlichen Entfaltungsmöglichkeiten. Der Raum ist der dritte Erzieher, sagen die Reggio-Pädagogen. Sie verweisen damit auf seine Eigenschaften menschliche Entwicklung zu unterstützen bzw. auszubremsen. Laut dem chinesischen Feng Shui fördert die Ausrichtung, Ausstattung, Farb- und Formgebung von Räumen und Landschaften eine positive oder negative Entwicklung des Menschen.
Im (T}Raumlabor untersuchen die SchülerInnen Orte und Räume, die sie anziehen oder abstoßen. Wodurch steigern Räume und Orte unser Lebensgefühl, unsere Entfaltungs-möglichkeiten? Wo engen sie uns ein, beschneiden uns? Wo fühlen wir uns zuhause, leben im Einklang mit uns selbst und den anderen? Welche soziale Umgebung streben wir an? Mit solchen Fragen beschäftigen sich Städte- und Landschaftsplaner, Architekten, Designer, aber auch Politiker, Ökonomen, Soziologen, Baubiologen, Sozialarbeiter, Psychologen und Ärzte. Räume verkörpern menschliche Sehnsüchte, Wünsche. und Lebenswirklichkeiten.
Neue Ziele und Gestaltungsprinzipien verändern die Bauvorhaben wie die soziale Realität eines Ortes. Der englische Landschaftspark vermittelt über seine Formen demokratische Ideale – der französische Barockgarten die des Absolutismus. . In seinen organischen Bauten formulierte Antoni Gaudi ebenso wie die Architekten und Künstler der Moderne andere Ziele, Vorstellungen von Schönheit und menschlichem Zusammenleben als die Architekten seiner Zeit (Corbusier, Mies van der Rohe. Walter Gropius, Rem Koolhaas, Norman Foster). Auch zeitgenössische Künstler widmen sich der ortsspezifischen Gestaltung von Architektur und Innenräumen (Poul Gernes, Jorge Pardo) oder entwickeln ironische Raummodelle heutiger Lebenswirklichkeit (Atelier Van Lieshout). Die SchülerInnen reflektieren heutige Lebensbedingungen und Raumentwicklungen, um dann selbst plastische Modelle von Räumen zu entwerfen, die ihnen wichtig sind. Sie sollen Impulse geben, wie man Städte, Landschaften, Innenräume, Verkehrswege gestalten kann. In Zeichnungen klären sie die Problematik ihrer Raumidee, den Größenmaßstab, was sie genau umsetzen wollen: das intelligente Haus, ein Mehrgenerationen-Haus, eine Stadt ohne Autos, Dachgärten auf Industrieanlagen, Baukörper für ein Leben unter extremen Bedingungen wie in der Wüste, im Meer oder Weltraum oder den ultimativen Jugendraum, ein ökologisches Baumhaus etc. Zur Umsetzung verwenden die Teilnehmerinnen Zeichenstifte, Papier, Schere, Farbe, Pinsel, Pappe, Kleber, Draht, Formbaumasse, Plastik- und Naturmaterialien.
Die plastischen (T)Räume und Entwürfe präsentieren die SchülerInnen in einer Ausstellung allen Mitschülern, Lehrern, Eltern, Freunden und interessiertem Publikum.