Bertolt Brecht. "Der gute Mensch von Sezuan"
Brechts Parabel vom "Guten Menschen" soll Thema der Arbeit mit der Stufe 11 am
Gymnasium Herzogenrath sein. Die SuS* sollen anhand dieses Stückes nicht nur die
intellektuellen und gesellschaftlichen Voraussetzungen möglicher "Lesarten" eines so
elementaren Stoffes begreifen, sondern hierbei mit den vielfältigen Umsetzungsmöglichkeiten
theatraler Formen konfrontiert werden.
Die Frage nach der Aktualität eines solchen Stückes stellt sich zunächst in Bezug auf die
Sprachformen und Wirkungsmechanismen heutiger Theaterarbeit mit Jugendlichen.
Die sinnlose Entwertung des Theaters zu einer reinen Unterhaltungs- und
Anbiederungsmaschine sollte bei einem solchen Thema sicher eine ebenso große Rolle
spielen wie die stückimmanenten Erkenntnisprozesse nach individueller Moral in
gesellschaftlichen Ausnahmesituationen.
Der gesamte Stoff ist sehr vielseitig und stellt bis heute, also knapp 70 Jahre nach der
Entstehung, die immer noch notwendigen Fragen nach fundamentalreligiöser
Überheblichkeit und individuellem Schicksalsempfinden. Die schwierige Aufgabe wird es
sein, einen stimmigen Bezug zu heutigen gesellschaftlichen Verwandtschaften und also
möglichen identifikatorischen Momenten für die Teilnehmer/innen zu vermitteln.
Auch die sprachtechnischen, rhythmischen und musikalischen Ebenen sollen in dieser
Arbeit helfen, passende Theaterformen zu finden und zu hinterfragen. Das "Lied vom
achten Elefanten" etwa ist im Prinzip eine Vereinfachung heutiger "turbokapitalistischer"
Lebensumstände vieler Menschen.
Die chorische also antike Sprachform der Götter, die ihre Macht mit aller Naivität des
Herrschenden ausüben, sei hier als anderes Beispiel genannt.
Komödiantische - auch im brechtsehen Sinne - unterhaltende Elemente findet man in der
Not der einfachen Menschen, die durchaus an den Abschuss/Ausschluss des heutigen
Arbeitsprekariats mehrerer Gesellschaftsschichten erinnern, deren Umsetzung aus der
Perspektive gegenwärtiger "Verdummungsmechanismen" in medialen aber auch
gesamtkulturellen Zusammenhängen theatral-parabelhaft oder fast clownesk in Bezug auf
das "Jetzt" wären.
Zusammenfassend soll" Der gute Mensch von Sezuan" aktuell, unterhaltsam und
hinterfragend gestaltet werden. Der Nutzen für die SuS* soll in der Vielseitigkeit der Mittel,
dem großen gesellschaftlichen Anspruch und der Suche nach der richtigen und
notwendigen Form für ein solches Stück bestehen. Die Erfahrung des Antragstellers mit
diesem Stück sind vielfältig und werden innerhalb dieses Projekts helfen, den SuS ein
möglichst breites und sinnvolles theatrales und gesellschaftliches Spektrum zu eröffnen.